Musikapps in der Kita

22.04.2018 | 13:53 Uhr

Singen. Trommeln. Appmusik. Im Projekt „Welt der Töne, Rhythmen und Bewegungen – mit kultureller Bildung von der Kita in die Schule“  

Zum wiederholten Mal werde ich in die AWO-Kita Dunantstrasse/Hannover Sahlkamp eingeladen.

In einer Vorbesprechung legen wir musikalische Inhalte und Wünsche seitens der Kita fest. Auf jeden Fall wird getrommelt, gesungen und getanzt.
Mein Vorschlag in der Woche auch mit dem Tablet und Musikapps zu arbeiten wird neugierig angenommen.

Lange habe ich gezögert mit dem Einsatz von Tablets in der Kita. Das Tablet in eine Erlebniswelt zu bringen in der jeder Tausendfüßler ein Abenteuer, jedes in die Pfütze springen ein Glücksmoment und jede Berührung eines Raupenfells ein maximal sinnliches Erlebnis ist, schien mir kontraproduktiv.

Gelerrnt habe ich, dass in musikalischen Zusammenhängen das Gegenteil der Fall ist: Es ist absolut produktiv und bereichernd, und es gibt eine Fülle an klanglichen Abenteuern, sinnlichen Hörerlebnissen und Glücksmomenten, die uns sonst verborgen blieben.
Der Einsatz von Musikapps öffnet den musikalischen Spielraum, fördert stark die Aufmerksamkeit und Konzentration der Kinder und bietet ein großes erweiterndes Spektrum an eigenen Gestaltungsformen. Fähigkeiten und Bedürfnisse der Kinder können individueller abgedeckt und bedient werden.

In zwei Gruppen proben täglich jeweils 10-12 Kids über 45 Minuten unterschiedliche Musikstücke ein.

Gruppe I hat sich für das traditionelle Frühlingslied „Der Kuckuck und der Esel“ entschieden, Gruppe II beschäftigt sich mit Indianern: „Kuate leno leno mahote“, in einer Version aus meinem Buch „Weltrhythmus und Klangzauber“.

Drei weitere meiner Songs singen beide Gruppen gemeinsam zur Gitarrenbegleitung, so dass am Ende ein fast 30 minütiges Programm für alle Kitakinder und Eltern entsteht.

Die Hauptarbeit besteht in jeder Gruppe im Arrangieren des jeweiligen Ablaufs des gewählten Songs und der Performance unter Einbezug und Teilhabe der Kinder. Unter Einbezug ihrer Ideen und Wünsche, ihrer Fähigkeiten und Vorlieben.
Wir lernen Liedtexte, Rhythmen und Bewegungen und gestalten gemeinsam die Abläufe. Wir probieren, verändern, entscheiden. Es gibt maximalen Freiraum und Spielraum sich selbst einzubringen und wir bewegen uns auf Augenhöhe.

In beiden Gruppen wird mit Musikapps das Intro und Outro des jeweiligen Songs gestaltet.
Beim Kuckuck und dem Esel spielt ein Kind in der App #gestrument mit Klavierklängen und Birdsounds, so dass eine spährische „Waldatmosphäre“ entsteht.

„Das klingt ja wie der Meister“, bemerkt Leo (5J.) und führt seine Hände zu einem buddhistischen Gruß zusammen. Die Mutter berichtet später dass er zuhause häufig Meditationsmusik hört.

Als unser „Waldmeister“ ist er jetzt für die Atmosphäre des Intros zuständig, eine Aufgabe die ihm besonders gut tut, denn mit der Musik scheint er vertraut, während Trommeln und insbesondere einen Rhythmus halten eher schwierig für ihn ist.
Es gelingt ihm sehr gut über die App eine musikalische Spannung zu erzeugen. Im Raum herrscht aufmerksame Stille. Alle Kinder sind in den Bann gezogen.

Neben ihm sitzt Melina (5.J.) mit einem zweiten Tablet. Sie spielt kleine Terzen in C-Dur und ist der Kuckuck. Am Mikrofon: Florand (6.J.) , bester Eselimitator der Welt 🙂 Es entsteht ein Zwigespräch zwischen Kuckuck und Esel.

Vorangegangen ist hier dass ich den Kindern Originalaufnahmen der Stimmen von Kuckuck und Esel vorspielte. Zur Nachahmung probierten wir verschiedene Sounds in den Apps #Oval und #Geoshred aus. Der Kuckucksound, die kleine Terz in der App #Oval war schnell ausgesucht. Mit meinen schrägen Eselklangvorschlägen in #Geoshred können die Kinder nicht viel anfangen. „Ich kann einen viel besseren Esel!“ teilt mir Florand (6.J) selbstbewußt mit und steht auch schon am Mikrophon 🙂

Hier ein kurzer Blick in den Probenraum:

Nach einer Weile setzt die Gitarre dazu ein, die Kinder singen die Strophen, dazwischen immer ein Unisonotrommelpart über ein 8telmotiv.

Ende wie Anfang: Kuck, Esel, Waldmeister.

In der „Indianergruppe“ beginnt Sascha (6.J.) in der App #Pianoscaper. Dadurch schafft er klanglich Raum und Weite durch Sphärenklänge. Ein zweites Kind setzt mit der Flöte aus der App #ThumbJam ein und improvisiert ein freies Solo.
Auch hier entsteht eine spannende Atmosphäre im Raum. Alle Kinder sind absolut aufmerksam.

Die Gitarre setzt ein, und dann Elvira (6J.) am Mikrofon, eine junge afrikanische Sängerin, die genau weiß wie es geht: „ a one, a two, a three, a four“ 🙂
Im Call & Responsesong gibt sie den Ton an. Schnell hat sie ihren Text parat, selbstbewußt singt sie ins Mikrophon. Alle anderen Kinder antworten. Zwischendrin Trommelgroove mit Solotrommlern und dazu zwei Tänzer mit gelben Chiffontüchern: Ein ausgelassener Sonnentanz.

5 Tage wird geprobt. Am Ende stehen 24 Kinder stolz auf der Bühne und präsentieren ihr Programm. Selbstbstimmt, souverän und voller Freude. Jeder hat seinen sicheren Wohlfühlplatz im Team.

Die Erzieherinnen melden im Abschlußgespräch zurück: Der Einsatz von Musikapps war eine große Bereicherung weil:

  • – sie mit den Klangmöglichkeiten die Musik der Kinder um ein Vielfaches erweitert haben
  • – sie den Kindern neue Möglichkeiten des musikalischen Ausdrucks und der Teilhabe bieten.
  • – die Kinder neben Singen und Trommeln noch ganz neue Möglichkeiten  entdecken können.
  • – sie lernen zu hören und sich in die Musik einzufühlen. Sie haben schnell gemerkt das es nicht  darum geht nur einfach über die Glasplatte zu streichen. So setzen sie ihr Tun mit der Musik und der Gemeinschaft in Verbindung.
  • – sie die Kreativität und Phantasie der Kinder anregen und fördern
  • – es gut klingt!
  • – es zu einer konzentrierten und aufmerksamen Atmosphäre beigetragen hat. Die Musik der Tablets klingt harmonisch und zieht die Kinder in den Bann.

Fazit:
Ja,- bitte!!! Immer wieder Musikapps einbeziehen. Es war eine gelungene Kombination aus Singen, Trommeln und Appmusik.

Mir fiel noch auf, dass der Umgang mit dem Tablet für alle schon sehr gewöhnlich ist.
Das schwarz-weiß Denken löst sich auf und für die Kinder war es einfach nur ein Tablet das spannende Sounds erzeugte. Eins von vielen Angeboten. Einige Kinder wollen mit den Apps musizieren, andere sind weiterhin völlig happy mit Trommeln, Singen und Tanzen.

Ein Kooperationsprojekt: Kulturtreff Vahrenheide, 4 Kitas aus Vahrenheide, Fritjof-Nansen-Schule, Stadt Hannover Zentrale Angelegenheiten Kultur